Der Abdruck des Erziehers

Die Omnipräsenz Schopenhauers in der Philosophie Nietzsches II

Der Abdruck des Erziehers

Die Omnipräsenz Schopenhauers in der Philosophie Nietzsches II

3.2.25
Tom Bildstein
Nachdem Tom Bildstein im ersten Teil dieses Artikels (Link) darlegte, wie sich Nietzsche im Laufe der 1870er Jahre vom Schopenhauer-Verehrer zum -Kritiker wandelte, untersucht er im Folgenden genauer, wie der reife Nietzsche Schopenhauers Pessimismus überwinden und ihm eine „lebensbejahende“ Philosophie entgegensetzen möchte. Schopenhauers „Wille zum Leben“, den der Misanthrop asketisch verneint sehen möchte, soll dem „Willen zur Macht“ weichen als Grundprinzip allen Lebens, das sich nicht widerspruchslos verneinen lässt.

Nachdem Tom Bildstein im ersten Teil dieses Artikels (Link) darlegte, wie sich Nietzsche im Laufe der 1870er Jahre vom Schopenhauer-Verehrer zum -Kritiker wandelte, untersucht er im Folgenden genauer, wie der reife Nietzsche Schopenhauers Pessimismus überwinden und ihm eine „lebensbejahende“ Philosophie entgegensetzen möchte. Schopenhauers „Wille zum Leben“, den der Misanthrop asketisch verneint sehen möchte, soll dem „Willen zur Macht“ weichen als Grundprinzip allen Lebens, das sich nicht widerspruchslos verneinen lässt.

Teil II: Nietzsches Schopenhauer-Kritik

V. Der Kampf gegen den nihilistischen Pessimismus  

Der Wille stellt für Schopenhauer das monistische Weltprinzip dar, auf das alle Welterscheinungen zurückgeführt werden können. Es ist das metaphysische Wesen, das dem kantischen Ding an sich zugrunde liegt, das, was „das innere Wesen der Dinge ausmacht“15. Nietzsche setzt sich mit dem Schopenhauerschen Willensbegriff intensiv auseinander und betrachtet ihn als eine metaphysische Hypothese, die es zu widerlegen gilt, um eine das Leben konsequent bejahende Philosophie aus der Taufe heben zu können. Der Kampf gegen die Schopenhauersche Willensthese verwandelt sich bei Nietzsche zu einem Kampf gegen den nihilistischen Pessimismus.

Der Pessimismus an sich ist für Nietzsche eigentlich nicht das Hauptproblem: „Nicht der Pessimismus (eine Form des Hedonismus) ist die große Gefahr […] [,] [s]ondern die Sinnlosigkeit alles Geschehens!“16. Schopenhauers Begriff des Willens zum Leben, der die verschiedenen Manifestationen des ewigen Willens in der Stufenleiter der Natur unter einen einheitlichen Ausdruck eines „blinden Drangs“ bringt, der alle Lebewesen unermüdlich zur Sättigung des egoistischen Überlebenstriebs treibt und die Welt somit zum „Tummelplatz gequälter und geängstigter Wesen“17 macht, hat eine in Nietzsches Augen lebensgefährliche Abwertung des Daseins zur Folge. In Der Antichrist (1888) macht er deutlich: „Schopenhauer war lebensfeindlich: deshalb wurde ihm das Mitleid zur Tugend“18.  

Nietzsche spielt mit seiner Aussage auf die im vierten und letzten Hauptteil der Welt als Wille und Vorstellung vorgetragene Mitleidsethik an. Der Schopenhauersche Begriff des Willens zum Leben birgt in sich schon das Moment seiner Negation. Diese nihilistische Moral der Selbstaufhebung des Willens führt ins Nichts, das bezeichnenderweise dem Schlusswort des Schopenhauerschen Hauptwerks entspricht. Diese von Schopenhauer selbst auch als Askesis verstandene Moral der Willensnegation präsentiert er als „die selbstgewählte büßende Lebensart und Selbstkasteiung zur anhaltenden Mortifikation des Willens“19. Diesen Lebensstil und seinen vernichtenden Umgang mit dem Willen zum – negativen – philosophischen Ausgangspunkt seines eigenen Mammutprojektes, der „Umwertung aller Werte“, machend, entwickelt sich Nietzsche schrittweise zum Anti-Schopenhauerianer.  

VI. Wille zum Leben oder Wille zur Macht?

Seinen Begriff des Willens zur Macht konzipiert Nietzsche als einen doppelten Gegenentwurf zum Schopenhauerschen Willen zum Leben. Dieses Antimodell ist insofern doppelt, als es aus einer zweifachen, „ethischen“ und „metaphysischen“ – zwei Termini, die strenggenommen nicht mehr zu Nietzsches Philosophieverständnis passen – Opposition gegen die Schopenhauersche Philosophie erwächst. Der Begriff des Willens zum Leben spiegelt die multiplen physio-psychologischen Kämpfe, die die Wirklichkeit von innen her strukturieren, in Nietzsches Augen unzureichend wider. 1882 trifft er die Aussage: „Wille zum Leben? Ich fand an seiner Stelle immer nur Wille zur Macht“20.

Der Wille zur Macht ist ein verwickelter Begriff: Der Sinn und die zentrale Rolle, die Nietzsche ihm zuerteilt, sind schwierig zu entschlüsseln. Es ist nicht ganz klar, ob es sich, wie bei Schopenhauer, um einen Begriff mit metaphysischem Anspruch oder vielmehr um ein regulatives Prinzip einer neuen Lebensführung handelt. Denn man findet in Nietzsches Schriften Stellen, die sowohl die eine als auch die andere Hypothese bestätigen. In einem Nachlassfragment von 1885 trifft er beispielsweise eine stark an die Schopenhauersche Metaphysik erinnernde Aussage: „Diese Welt ist der Wille zur Macht – und nichts außerdem! Und auch ihr selber seid dieser Wille zur Macht – und nichts außerdem!“21. Später heißt es jedoch in einem Fragment, das den Titel „Wille zur Macht als Erkenntniss“ trägt – eine Idee, die Martin Heidegger zum Hauptgegenstand seiner Vorlesung vom Sommersemester 1939 an der Universität Freiburg machen wird22 –, dass es ihm mit seinem Begriff des Willens zur Macht weniger darum geht, die wahre Erkenntnis des Weltwesens zu offenbaren, als „dem Chaos so viel Regularität und Formen auf[zu]erlegen, als es unserem praktischen Bedürfniß genug thut“23.

Sicher ist, dass Nietzsche mit seiner Lehre vom Willen zur Macht den Versuch einer alternativen Auslegung und Bewertung des Lebens stellt, die einer neuen, gegen Schopenhauer gerichteten Lebensführung den Weg bereiten soll. Ziel ist es, mit anderen Worten, sich der nihilistischen Grundvorstellung zu widersetzen, wonach der Hauptantrieb des Menschen einem „blinden Drang“ zum Leben entspricht, der ihn dazu verleitet, ohne Grund an der Erhaltung seines Daseins festzuhalten – und im Gegenzug zu beweisen, dass der Mensch in Wahrheit nicht nach seinem (Über-)Leben, sondern nach Macht strebt.

VII. Ja oder nein?

Die gegensätzlichen Lebens- und Weltauslegungen beider Denker – als Spiegelbild des Willens zur Macht oder des Willens zum Leben – gehen mit gegensätzlichen Vorstellungen vom Sinn des Lebens einher. Die Schopenhauersche Daseinsauffassung als Manifestation des blinden, unersättlichen Willens zum Leben führt zwangsläufig zu seiner völligen Selbstverneinung. Im vierten Buch des ersten Bandes von Die Welt als Wille und Vorstellung macht Schopenhauer deutlich, „daß das Leiden dem Leben wesentlich ist und daher nicht von außen auf uns einströmt, sondern jeder die unversiegbare Quelle desselben in seinem eigenen Inneren herumträgt“24. Der Schopenhauerschen Beantwortung der „Sinn-des-Lebens-Frage“ liegt also eine doppelte These zugrunde: Erstens, dass Leben und Leiden wesentlich zusammengehören, und zweitens, dass das Leiden sinnlos ist und somit vermieden werden sollte. Die Leidensvermeidung als Lebensaufgabe, die Schopenhauer nicht im hedonistischen Sinne eines Strebens nach Sinnenlust versteht – denn alles Glück ist negativer Natur und besteht nur in einer kurzen Unterbrechung der einzig „positiven“ Mangelerscheinung – kann nur durch eine asketische Negation dessen, wovon das ewige Leid seine Nahrung erhält, vom Willen zum Leben, geschehen. Die Schopenhauersche Philosophie, die man durchaus mit Rudolf Malter25 als eine Soteriologie26 verstehen kann, reagiert demzufolge mit einem entschiedenen „Nein!“ auf den egoistischen Willen zum Leben, um nicht nur dem individuellen, sondern auch dem Leid in der Welt allgemein ein Ende zu setzen.

Nietzsche reagiert ganz anders auf das Problem des Leidenscharakters des Lebens. Das neue Leben, das er mit der Idee des Willens zur Macht zu denken sucht, setzt eine gewisse Leidensbereitschaft des Menschen, einen gewissen Willen zum Leiden voraus. „Der Wille zum Leiden ist sofort da, wenn die Macht groß genug ist“27, schreibt Nietzsche 1883 in sein Notizbuch. Sein „wahrer“ Pessimismus kommt mit diesem Begriff des Willens zum Leiden zur Geltung. Seine alternative Vorstellung des Pessimismus, die er ebenfalls als einen „Pessimismus der Stärke“ oder als einen „klassischen Pessimismus“ bezeichnet, richtet Nietzsche gegen den „romantischen“ Pessimismus, den in seinen Augen nicht nur Schopenhauer, sondern auch Alfred De Vigny, Fjodor Dostojewski, Giacomo Leopardi, Pascal und alle Weltreligionen vertreten.  

Gegen diese Vertreter des romantischen Pessimismus, vor allem aber gegen Schopenhauers Negation des Willens zum Leben, soll „ein höchster Zustand der Daseins-Bejahung concipirt [werden], in dem sogar der Schmerz, jede Art von Schmerz als Mittel der Steigerung ewig einbegriffen ist: der tragisch-dionysische Zustand“28. Mit seinem tragisch-dionysischen Pessimismus antwortet Nietzsche somit auf die Frage nach dem In-Kauf-Nehmen des Leids für das Leben im genau entgegensetzten Sinne zum Schopenhauerschen „Nein!“ mit einem überzeugten, durchaus kämpferischen und neuen „Ja!“.

VIII. Atheismus und Amoralismus

Seit Schopenhauer muss die Philosophie auf eines ihrer ältesten und stärksten Argumente zur Erklärung dessen, was die Welt im Innersten zusammenhält, verzichten: Gott. Die Wirklichkeit verlangt nun nach einer atheistischen Auslegung ihrer selbst; sie will als solche, d. h. nicht mehr als bloßes Geschöpf eines unerreichbaren Schöpfers wahrgenommen werden. Der Anspruch, den Schopenhauer an die Philosophie stellt und der darin besteht, das Wesen der Welt ohne den Rückhalt einer ultimativen Gottesthese zu deuten, imponiert Nietzsche. In seinen Augen war Schopenhauer „als Philosoph der erste eingeständliche und unbeugsame Atheist, den wir Deutschen gehabt haben“29.

An den Schopenhauerschen, für eine neue, anti-transzendente Methode richtungsweisenden Atheismus, wird Nietzsche mit seiner Philosophie unmittelbar anknüpfen. „Der Atheismus war das, was mich zu Schopenhauer führte“30, erklärt er in Ecce Homo (1889). Auch in diesem Zusammenhang wird Nietzsche mehr die Diagnose, die Schopenhauer vom Zustand der Metaphysik macht, als das von ihm vorgeschlagene Therapeutikum wertschätzen. Denn Gottes Tod führt bei Schopenhauer, anders als bei Nietzsche, nicht gleichzeitig zum Untergang der moralischen Werte. Atheismus und Amoralismus gehen für Schopenhauer nicht miteinander einher. Obwohl er der christlichen Gotteslehre nicht folgt, bleibt er der philanthropischen Moral des Christentums nichtsdestotrotz treu. Die Menschenliebe (caritas), die als erstes vom Christentum „theoretisch zur Sprache gebracht und förmlich als Tugend, und zwar als die größte von allen, aufgestellt“31 wurde, erkennt Schopenhauer als das allerwichtigste Prinzip der in einem engen Zusammenhang mit seiner Metaphysik stehenden Moral an. Er bleibt somit Christ im Herzen, wenngleich er die christliche Gotteslehre mit seiner Vernunft verwirft.  

Nietzsche geht insofern einen bedeutenden Schritt weiter als sein Erzieher. In seinen Augen war dieser noch viel zu sehr Moralist, um die Notwendigkeit der Ankunft eines neuen mächtigen, lebensbejahenden Menschen zu erkennen. „Schopenhauer war nicht stark genug zu einem neuen Ja“32, heißt es in einem nachgelassenen Fragment aus dem Jahre 1887. Dieses neue „Ja“, zu dem er seine Leser gegen seinen Erzieher erziehen will, setzt eine Überwindung der Moral voraus. Um die Moral zu überwinden, muss der Mensch den Hang zum Mitleid gegenüber seinen Mitmenschen, den Nietzsche im Gegensatz zu Schopenhauer nicht als „natürlich“, sondern als kulturell erschaffen betrachtet, vehement bekämpfen. „Die Überwindung des Mitleids rechne ich unter die vornehmen Tugenden“33, wird Nietzsche somit in Ecce Homo schreiben. Doch wer ist dieser Überwinder der Moral, der am Ende als das Ideal der Selbsterziehung des Menschen vor Nietzsches Augen steht?

IX. Der „Buddha von Frankfurt“ gegen das „umgekehrte“ Zarathustra-Ideal

Schopenhauers Denken wurde nachhaltig von seinen antagonistischen Jugenderlebnissen der übermannenden Schönheit der Natur und dem niederschmetternden Elend des Menschen- und Tierreichs geprägt. In einem Rückblick auf seine Jugend schreibt der zu diesem Zeitpunkt schon in der Mitte seiner Vierzigerjahre stehende Privatgelehrte: „In meinem 17ten Jahre, ohne alle gelehrte Schulbildung, wurde ich vom Jammer des Lebens so ergriffen wie Buddha in seiner Jugend, als er Krankheit, Alter, Schmerz und Tod erblickte“34. Die nicht nur für seine eigene Philosophie, sondern auch für sein Selbstverständnis als Mensch eine zentrale Rolle spielende Buddha-Figur wird Schopenhauer sogar über seinen Tod hinaus begleiten. Bis heute geben manche seiner aufmerksamen Leser:innen ihm den Beinamen „der Buddha von Frankfurt“.  

Auch Nietzsche nennt Schopenhauer und Buddha in einem Atemzug. Das Ziel seiner Philosophie besteht jedoch darin, sich über die schopenhauerianisch-buddhistische Anschauung des Lebens hinwegzusetzen, um einem neuen Propheten eine Bühne zu bieten. Es geht ihm darum, dass die Menschheit, vermittelst eines neuen „Hellsehers“, eine neue „frohe Botschaft“ erhält, wonach das Leben „nicht mehr, wie Buddha und Schopenhauer, im Bann und Wahne der Moral“35 betrachtet werden muss. Nietzsche will uns die Augen für ein „umgekehrte[s] Ideal“ öffnen, nämlich „für das Ideal des übermüthigsten[,] lebendigsten und weltbejahendsten Menschen“ (ebd.).  

Der Prophet dieser radikalen Affirmation der Welt und des Lebens heißt Zarathustra. Allerdings hat die Figur, die man in Nietzsches Werken wiederfindet, anders als die Buddha-Referenz im Schopenhauerschen Denken, nicht viel mit der historisch übermittelten Lehre des Gründers des Zoroastrismus zu tun. Nietzsches Zarathustra vermittelt seinen Jüngern eine bis dahin noch nie ausgesprochene Lehre: jene des Übermenschen, mit welcher er „der Menschheit das grösste Geschenk gemacht, das ihr bisher gemacht worden ist“36. Dieses Geschenk besteht in Nietzsches Augen darin, die Menschheit vom traditionell überlieferten Laster des schlechten Gewissens, des erlahmenden Selbstmitleids und der überzeugten Selbstkasteiung befreit zu haben.  

Der Zarathustra Nietzsches erkennt, wie der Buddha Schopenhauers, den immerwährenden Kreislauf des Seins, doch er zieht aus dieser Erkenntnis einen anderen Schluss; Ziel des Lebens ist es nicht, diesen ewigen Kreislauf wie im Buddhismus zu durchbrechen, sondern „die ewige Wiederkunft des Gleichen“ zu wollen:

Zarathustra ist ein Tänzer –; wie der, welcher die härteste, die furchtbarste Einsicht in die Realität hat, welcher den „abgründlichsten Gedanken“ gedacht hat, trotzdem darin keinen Einwand gegen das Dasein, selbst nicht gegen dessen ewige Wiederkunft findet, — vielmehr einen Grund noch hinzu, das ewige Ja zu allen Dingen selbst zu sein, „das ungeheure unbegrenzte Ja- und Amen-sagen.“37

X. Fazit: Rosenkrieg und Patrizid

Aus unseren überblickenden Betrachtungen der Werke und nachgelassenen Fragmente Nietzsches lässt sich zweifelsohne schließen, dass die Themen, Motive und Argumente der Schopenhauerschen Philosophie eine zentrale, omnipräsente Rolle in seinem Denken spielen. Der Wille zum Leben und zur Macht, der Pessimismus, der Atheismus, die ewige Wiederkunft, der Nihilismus, das Mitleid, die Musik als Metaphysik, das Genie: Jedes dieser Hauptmotive der Nietzscheschen Philosophie findet im Denken Schopenhauers ein Vorbild.  

Der Erzieher, der ihm in seinen jungen Jahren eine tiefere, willensphilosophische und pessimistische Sicht auf die Welt bot, blieb bis zum Schluss eine intellektuelle Herausforderung für Nietzsche: Das Modell eines Philosophen, für das er selbst die Alternative sein wollte. Die Geschichte der Nietzsche-Schopenhauer-Beziehung entspricht demnach einer sich in einen Rosenkrieg verwandelnden, einseitigen Liebesgeschichte. Nicht bei der Weltanschauung seines geliebten Erziehers stehen zu bleiben, sondern, von ihr ausgehend, eine gegensätzliche, größere Sicht der Dinge anzubieten: Darauf kam es Nietzsche wirklich an. Ob er Schopenhauer in allen Punkten richtig verstanden hat, spielt für ihn letztlich keine große Rolle. Am Ende zählt für ihn vor allem eins; sein im Dienste des Übermenschen vollbrachter Patrizid:

Ich bin fern davon zu glauben, dass ich Schopenhauer richtig verstanden habe, sondern nur mich selber habe ich durch Schopenhauer ein weniges besser verstehen gelernt; das ist es, weshalb ich ihm die grösste Dankbarkeit schuldig bin.38

Tom Bildstein (geb. 1999) lebt in Brüssel und ist seit 2023 Doktorand der Philosophie an der Université libre de Bruxelles (ULB). Er schreibt zurzeit an einer Dissertation in Französisch über die „Wege des Willens“ in der Philosophie Arthur Schopenhauers. Er ist darüber hinaus Mitglied der Schopenhauer-Gesellschaft und beschäftigt sich intensiv mit dem Problem des Dinges an sich bei Kant und Schopenhauer, das zugleich das Thema seiner Masterarbeit und eines mit Raphael Gebrecht (Bonn) geführten und im Blog der Schopenhauer-Gesellschaft veröffentlichten Gesprächs (Das Problem des Dinges an sich, 2023; Link) war. Zudem ist er Autor eines wissenschaftlichen Artikels: Nietzsche et „la grande erreur fondamentale de Schopenhauer“ (erschienen in der Zeitschrift Voluntas: Revista Internacional de Filosofia, 2024). 2024 gewann er den Essaypreis der Schopenhauer-Gesellschaft mit seiner Einreichung Der Mut zum Idealismus. Schopenhauers kompendiarischer Kantianismus.

Quellen

Heidegger, Martin: Nietzsches Lehre vom Willen zur Macht als Erkenntnis. Frankfurt am Main 1989.

Malter, Rudolf: Arthur Schopenhauer. Transzendentalphilosophie und Metaphysik des Willens. Stuttgart-Bad Cannstatt 1991.

Schopenhauer, Arthur: Der handschriftliche Nachlaß, Band 4, I. München 1985.  

Ders.: Die Welt als Wille und Vorstellung I. Frankfurt am Main 1986.

Ders.: Die Welt als Wille und Vorstellung II. Frankfurt am Main 1986.

Der.: Kleinere Schriften. Frankfurt am Main 2006.

Quelle zum Artikelbild

Photo der Erstausgabe von Die Welt als Wille und Vorstellung, Foto H.- P. Haack Wikimedia (Link)

Fußnoten

15: Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung II, S. 397 (Kap. 24).

16: Nachgelassene Fragmente 1885, Nr. 39[15].

17: Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung II, S. 744 (Kap. 46)

18: Der Antichrist, 7.

19: Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung I, S. 504. (§ 68).

20: Nachgelassene Fragmente 1882, Nr. 5[1], 1.

21: Nr. 38[12].

22: Vgl. Heidegger, Nietzsches Lehre vom Willen zur Macht als Erkenntnis.

23: Nachgelassene Fragmente 1888, Nr. 14[152] (Herv. d. Verf.).

24: S. 415 (§57).

25: Vgl. Malter, Arthur Schopenhauer. Transzendentalphilosophie und Metaphysik des Willens.

26: Es handelt sich hierbei um einen altgriechischen Begriff (sōtḗr bedeutet „Retter“), der im christlichen Kontext die Erlösungslehre bezeichnet.

27: Nachgelassene Fragmente 1883, Nr. 16[79] (Fettsetzung im Orig.).

28: Nachgelassene Fragmente 1884, Nr. 14[24].

29: Die fröhliche Wissenschaft, 357.

30: Ecce homo, Unzeitgemäße, 2.

31: Schopenhauer, Kleinere Schriften, S. 583.

32: Nr. 10[5].

33: Warum ich so weise bin, 4.

34: Schopenhauer, Der handschriftliche Nachlaß 4, I, S. 96 (§36).

35: Jenseits von Gut und Böse, 56.

36: Ecce homo, Vorwort, 4.

37: Ecce homo, Also sprach Zarathustra, 6.

38: Nachgelassene Fragmente 1874, Nr. 34[13].