

In der vergangenen Woche berichtete Emma Schunack von der diesjährigen Jahrestagung der Nietzsche-Gesellschaft zum Thema Nietzsches Technologien (Link). Ergänzend dazu untersucht Paul Stephan in seinem Beitrag in dieser Woche, wie Nietzsche die Maschine als Metapher einsetzt. Der Befund seiner philologischen Tiefenbohrung mitten durch Nietzsches Schriften: Während er in seinen Frühschriften an die romantische Maschinenkritik anknüpft und die Maschine als Bedrohung der Menschlichkeit und Authentizität beschreibt, vollzieht sich ab 1875, zunächst in seinen Briefen, eine überraschende Wendung. Auch wenn Nietzsche noch gelegentlich an die alte Entgegensetzung von Mensch und Maschine anknüpft, beschreibt er sich nun zunächst selbst als Maschine und befürwortet schließlich eine Verschmelzung bis hin zur Identifikation von Subjekt und Apparat sogar, konzipiert Selbst- als Maschinenwerdung. Dies hängt mit der sukzessiven allgemeinen Abkehr Nietzsches von den humanistischen Idealen seiner frühen und mittleren Schaffensperiode und der zunehmenden ‚Verdunkelung‘ seines Denkens zusammen – nicht zuletzt der Entdeckung der Idee der „ewigen Wiederkunft“. Aus einer Kritik der kapitalistischen Gesellschaftsmaschine wird ihre radikale Affirmation – amor fati als amor machinae.

Taylor Swift ist einer der wichtigsten „Götzen“ unserer Zeit. Grund genug für unsere Stammautoren Henry Holland, Paul Stephan und Estella Walter zum nietzscheanischen „Hammer“ zu greifen und dem Hype ein wenig auf den Zahn zu fühlen: Verdient Swift den bis in die Philosophie hineinreichenden Kult um sie? Wird sie maßlos überschätzt? Und was erklärt die Diskrepanz zwischen Schein und Sein, Spektakel und Leben?
Das komplette ungekürzte Gespräch können Sie auf dem YouTube-Kanal der Halkyonischen Assoziation für radikale Philosophie betrachten (Link).
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Transhumanisten glauben, mit der Künstlichen Intelligenz die wahre Welt zu erfassen. Das hat nicht nur Nietzsche als Unsinn vorgeführt. Der KI werden Moralprogramme eingegeben. Mit Nietzsche verlängert sich dadurch eine lebensfeindliche Moral. Und dass die KI den Menschen hilft, das hätte Nietzsche auch schon hinterfragt. Die Menschen müssen sich vielmehr der KI unterwerfen. Mit Nietzsche können sie sich ihrer Macht entziehen.


Lou Wildemann ist Kulturwissenschaftlerin und Filmemacherin aus Leipzig. Ihr aktuelles Spielfilmprojekt, MALA, beschäftigt sich mit dem Suizid einer jungen Bewohnerin der Nietzsche-Stadt. Paul Stephan diskutierte mit ihr über dieses provokante Vorhaben und das Thema der Selbsttötung im Allgemeinen: Wieso ist es bis heute ein Tabu? Sollten wir mehr darüber sprechen? Welche Rolle können die Reflexionen Nietzsches, der immer wieder über dieses Thema nachdachte, dabei spielen? Was bedeutet der Suizid in einer immer gewaltvoller werdenden neoliberalen Gesellschaft?


Am 12. April 1961 glückte dem sowjetischen Kosmonauten Juri Gagarin das Unglaubliche: Als erster Mensch in der Geschichte verließ er die schützende Atmosphäre unseres Heimatplaneten und umrundete in dem Raumschiff Wostok 1 die Erde. 2011 wurde der Jahrestag dieser „übermenschlichen“ Tat zum Internationalen Tag der bemannten Raumfahrt erklärt. Die Sterne sind nun nicht mehr so weit weg. Mit dem erreichten technischen Fortschritt erhält die Phantasie einer Expansion der menschlichen Zivilisation in den Weltraum eine konkrete Plausibilität. Der folgende Text versucht sich auf diese Ausblicke philosophisch einen Reim zu machen und beschreibt zuletzt den Ansatz eines möglichen Weltraumprogramms von Nietzsche her. Zu seinen Lebzeiten gab es zwar noch nicht einmal Flugzeuge, seine Konzepte lassen sich jedoch auf dieses Thema wie sooft trotzdem in produktiver Weise anwenden.
Redaktioneller Hinweis: Einige schwierige Fachbegriffe haben wir in den Fußnoten erläutert.


Nachdem Natalie Schulte in der vergangenen Woche über den Widerhall von Nietzsches „Übermenschen“-Idee in der Gründerszene berichtete (Link), widmet sich der Schweizer Kunstwissenschaftler Jörg Scheller in dieser Woche ihrem Fortleben im Extropianismus, einer Unterform des Transhumanismus, der es darum geht, die menschliche Evolution auf individueller wie auch auf Gattungsebene künstlich zu beschleunigen mit den Mitteln der modernen Technik. Dem physikalischen Gesetz der „Entropie“, wonach in geschlossenen Systemen die Tendenz besteht, alle Energiegefälle auszugleichen, bis sich ein Gleichgewichtszustand hergestellt hat – auf das Universum bezogen ein Zustand des völligen Erkaltens –, setzen die Verfechter dieser Strömung das Prinzip der „Extropie“, der zunehmenden Vitalität eines Systems, entgegen.