Diesmal im vertraulichen Du unterhielt sich Paul Stephan mit Hans-Martin Schönherr-Mann, unserem ältesten Stammautoren, und unserer jüngsten Stammautorin, Estella Walter, über unsere unterschiedlichen Generationserfahrungen und darüber, was von dem modischen Diskurs über die unterschiedlichen „Generationen“ überhaupt zu halten ist. Wir sprachen über den Poststrukturalismus, die ökologische Frage und die Vielfältigkeit möglicher Anschlüsse an Nietzsche.
Zu Nietzsches Todestag führte Paul Stephan auf diesem Blog ein ausführliches Interview mit dem Programm ChatGPT, um die Leistungsfähigkeit des Programms zu testen, wenn es um tiefschürfende philosophische Fragen geht (Link). Es folgt eine kritische Reflexion dieses Experiments.
Die Bilder zu diesem Interview wurden, sofern nicht anders gekennzeichnet, mit der Software DeepAI erstellt. Die Anweisung zum Artikelbild lautete „Nietzsche and ChatGPT“, die zu den Bildern im Artikel „ChatGPT talks about Nietzsche“.
Als kleines Special zu seinem 124. Todestag führte Paul Stephan ein Gespräch mit einem besonderen Nietzsche-Experten – der vieldiskutierten Software ChatGPT. Es geht um Nietzsches Aktualität und sein Konzept der Authentizität. Paul Stephan wird im Laufe des Gesprächs vom Befrager zum Befragten und berichtet ein wenig von seinem Promotionsprojekt zu eben jenem Thema. Da es bei diesem Experiment darum ging, möglichst viel über die Funktionsfähigkeit des Programms zu erfahren und sich das Programm nicht immer kurz fasste, handelt es sich im Folgenden nur um einen gekürzten Auszugs des Gesprächs, dass Sie in voller Länge und kommentiert hier als PDF herunterladen können. Ein kritisches Resümee dieses wahrhaft bemerkenswerten Dialogs folgt in wenigen Tagen (Link).
Die Bilder zu diesem Interview wurden mit der Software DeepAI erstellt. Die Anweisung lautete: „A picture of Friedrich Nietzsche with a quote by him.“ [„Ein Bild Friedrich Nietzsches mit einem Zitat von ihm.“]
Note: An English version of this article, translated by Henry Holland, can be found here.
Paul Stephan unterhielt sich mit Jenny Kellner und Hans-Martin Schönherr-Mann über die Lesart eines der wichtigsten Nietzsche-Interpreten des 20. Jahrhundert: Georges Bataille (1897–1962). Der französische Schriftsteller, Soziologe und Philosoph verteidigte die Vieldeutigkeit von Nietzsches Philosophie gegen ihre nationalsozialistische Vereinnahmung und wurde damit zu einem zentralen Stichwortgeber der Postmoderne. Er wollte auf der Grundlage einer dionysischen Mythologie eine neue Konzeption von Souveränität entwickeln, die das traditionelle Verständnis einer verantwortlichen Subjektivität transzendiert,und kritisierte die moderne kapitalistische Rationalität im Namen einer „Ökonomie der Verschwendung“. Mit all dem gibt er wichtige Impulse, um unsere Gegenwart besser zu verstehen.
Der späte Nietzsche imaginiert sich immer wieder als Nachfahren polnischer Adliger. Es handelt sich dabei nicht nur um eine persönliche Marotte, sondern sagt etwas über Nietzsches philosophische Positionierung aus: Polen ist für ihn eine Art ‚Anti-Nation‘, ein Volk der „großen Einzelnen“ – und nicht zuletzt die polnische Adelsrepublik die politische Utopie eines radikaldemokratischen Gemeinwesens, das gerade in seinem Scheitern seiner Vorstellung eines „aristokratischen Radikalismus“ entspricht. Paul Stephan geht in diesem long read der tieferen Bedeutung dieses Themas bei Nietzsche nach und hinterfragt seine Verklärung der alten Rzeczpospolita: Aus politischer Sicht handelt es sich um kein so erstrebenswertes Modell, wie es Nietzsche suggeriert. Weiter führen in dieser Hinsicht Jean-Jacques Rousseaus Betrachtungen über die Regierung Polens von 1772.
In seiner jüngst erschienenen Studie Theorie der Befreiung fasst der Frankfurter Philosoph Christoph Menke Befreiung als „Faszination“, als lustvolle Desubjektivierung und Hingabe. Er bezieht sich dabei an entscheidender Stelle auf Nietzsche – doch für den bedeutet „Faszination“ gerade Verhexung, die Verstrickung in Unfreiheit und Ressentiment. Kann uns die mystische Kraft der Faszination wirklich befreien – oder ist nicht eher Nietzsche Recht zu geben und Befreiung bedeutet vor allem Selbstermächtigung und Autonomie, die faszinierte Aufopferung hingegen Unterwerfung, nicht zuletzt unter einen faschistischen Führer?
In der Reihe „Was bedeutet Nietzsche für mich?“ werden unsere Stammautoren in den nächsten Wochen ihren je persönlichen Zugang zu Nietzsche und seinem Denken vorstellen. Unser leitender Redakteur Paul Stephan macht den Anfang und berichtet darüber, wie er als Jugendlicher Nietzsche entdeckte – und sich heute nicht mehr unbedingt als „Nietzscheaner“ versteht.
Vom 12. bis 15. Oktober fand in Naumburg die jährliche Jahrestagung der Friedrich-Nietzsche-Gesellschaft statt. Zahlreiche Experten aus aller Welt kamen zusammen, um den vielfältigen Wegen von Nietzsches Wirkung in den ersten Jahrzehnten nach seinem geistigen Zusammenbruch nachzugehen. Die geistigen Kämpfe um Nietzsche verwiesen dabei immer wieder auf die realen Kämpfe der Vergangenheit – und diejenigen unserer Gegenwart.